Titelthema Was sagt die Forschung zur Bedeutung von Schutzmaß- nahmen? Prof. Dr. Albert Nienhaus, Leiter Arbeitsmedizin, Gefahrstoffe und Gesundheitswissenschaften bei der BGW sowie Leiter CVcare am Univer- sitätsklinikum Hamburg-Eppendorf: „Grundsätzlich ist das Risiko für eine SARS-CoV-2-Infek- tion für Beschäftigte im Gesundheitsdienst in Deutsch- land im Vergleich zu anderen Ländern erfreulich niedrig, wie wir in mehreren Studien feststellen konnten. Das liegt auch daran, dass die Arbeitsschutzstandards gut umgesetzt wurden. Es ist aber unter anderem auf Risiko- faktoren wie engen Kontakt mit Menschen zu achten. So ergab eine Studie im Krankenhaus ein erhöhtes Infek- tionsrisiko bei Tätigkeiten in Intensivbereichen oder mit engem Kontakt zu Patientinnen und Patienten. Schutz- maßnahmen sind unerlässlich. Vor allem, da viele Infi- zierte auch nach einiger Zeit noch von gesundheitlichen Beeinträchtigungen berichten. Sie klagen unter ande- rem über starke Erschöpfung und Atemnot – typische Post-Covid-Symptome. Begehungen der BGW-Präventionsdienste und eine Stu- die in Friseursalons haben gezeigt, dass Maßnahmen wie räumliche Trennung, Lüftung, Abstands- und Hygi- eneregeln sowie Maskentragen bisher gut eingehalten wurden. Betriebe und Beschäftigte sind also bereit, et- was für den Schutz der Menschen vor Ort zu tun. Darauf kann auch im weiteren Verlauf der Corona-Pandemie aufgebaut werden.“ Welche Erfahrungen aus der Pandemie sollten für die zukünftige Gestaltung des Arbeitsschutzes in Betrie- ben genutzt werden? Isabel Rothe, Präsidentin der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und Mitglied des Rats der Arbeitswelt: „Viele Betriebe wollen pandemiebedingt eingeführte technische beziehungsweise verhältnisbezogene Schutzmaßnahmen längerfristig beibehalten, auch das zeigen unsere Studien. So sollen beispielsweise instal- lierte Luftfilter weiterbetrieben werden und auch eine räumliche Trennung, zum Beispiel durch Schutzschei- ben, will etwa die Hälfte der betroffenen Betriebe auf- rechterhalten. Auch personen- und verhaltensbezogene Maßnahmen bleiben in den Betrieben weiterhin relevant. Die Mehr- zahl der befragten Betriebe möchte beispielsweise künf- tig Schutzmasken kurzfristig bereitstellen können. Genauso wollen viele Betriebe fortsetzen, was in der Pandemie konsequenter eingeübt wurde: Wer krank ist, bleibt zu Hause. Für die eigene Gesundheit und für die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen. Die Pandemie hat insgesamt zu einer stärkeren Wahr- nehmung und Wertschätzung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes in den Betrieben geführt. Na- hezu zwei Drittel der Betriebe geben an, dass sie den Arbeits- schutz bei künftigen Entschei- dungen stärker berücksichtigen wollen und die Führungskräfte vermehrt für Fragen des Arbeits- schutzes qualifiziert werden sollen. Besonders häufig wird her- ausgestellt, dass die Mitwirkung der Be- schäftigten im Arbeitsschutz an Bedeutung gewinnt. Reflektiert man diese Befunde und auch die aktuellen und künftigen Herausforderungen, so ist es sehr wich- tig, den betrieblichen Arbeitsschutz auf hohem Niveau zu halten. Die Pandemie ist noch nicht vorüber und auch langfristige Auswirkungen, wie etwa der Umgang mit Erkrankungen, werden die Betriebe sehr fordern. Aber auch generell sind die Gestaltungsherausforderungen für die Betriebe im Wandel der Arbeit sehr groß, etwa durch technologische Innovation, neue Geschäftsmo- delle und flexible Arbeitsformen. Daher plädiert der Rat der Arbeitswelt dafür, das außerordentliche Engage- ment aller Beteiligten für den Arbeitsschutz der vergan- genen Jahre für eine differenzierte und sachgerechte Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes zu nutzen.“ (Quelle: DGUV Forum, Ausgabe 6, 2022, https://forum.dguv.de) +++ Weiterhin aktuell informiert unter www.bgw-online.de/corona +++ BGW magazin 3 | 22 9 t a v i r p : o t o F r a b s i W a i w l y S : o t o F