Titelthema F Ü H R U N G Welche Rolle kommt Führungs- kräften in der veränderten Ar- beitswelt zu? Sie brauchen auf jeden Fall selbst ausreichend Handlungsspielraum. Diesen müssen Unternehmen ihnen einräumen. Meiner Ansicht nach tun Führungskräfte gut daran, ih ren Handlungsspielraum aktiv aus zuschöpfen und Rahmenbedingun gen mitzugestalten. Reine Fachfüh rung reicht heute kaum mehr aus und verschenkt Chancen. Führung geht aber nicht zwischen Tür und Angel. Es braucht Zeit, sich mit den Arbeitsbedingungen zu befassen, auf Beschäftigte einzugehen, sich zu informieren. Es braucht Zeit, Handlungskompetenz als Füh rungskraft aufzubauen – zum Bei spiel in Seminaren, in kollegialer Beratung. Es braucht nicht zuletzt Zeit fürs Umsetzen von Lösungen im Betrieb. Das alles gilt im Übrigen auch für den Arbeitsschutz. Sind Unternehmen, die solche Zu- sammenhänge nicht berücksichti- gen, schlechter vorbereitet für die Zukunft? Möglicherweise stehen sie schon in der Gegenwart unter Druck. Betrie be können unter denselben Rah menbedingungen sehr unterschied lich aufgestellt sein. Sichere und gesunde Arbeitsbedingungen tra gen maßgeblich dazu bei, Personal zu gewinnen und zu halten sowie gute Leistungen zu erbringen. Prä vention ist für mich daher ein wich tiges Thema, um die Zukunft der Arbeitswelt zu gestalten. m o c . k i p e e r f : n o i t a r t s u l l I ; r k n o m i s / m o c . o t o h p k c o t s i ; o r i j i a , e f i l i g I D / m o c . e b o d a . k c o t s : s o t o F 8 BGW magazin 3 | 24 Hanka Jarisch empfiehlt Tipps für Kleinbetriebe Konkret anfangen: „Die ersten Schritte im Arbeitsschutz und bei der Gefährdungsbeurteilung erscheinen oft schwierig. Überlegen Sie einfach mal, was Sie einem Neuling im Betrieb alles erklären. Worauf ist am Arbeits- platz zu achten? Was könnte sonst passieren? Und damit fangen Sie an.“ Netzwerk schaffen: „Sie müssen nicht alles selbst wissen und machen! Nut- zen Sie das Know-how anderer. Das müssen Sie sogar, denn eine betriebs- ärztliche und sicherheitstechnische Betreuung ist Pflicht. Betrachten Sie diese als Ihr Sicherheitsnetz.“ P R ÄV E N T I O N Vielfalt ist also auch ein Zukunfts- thema für die Prävention? Ja, das sehe ich so. Je nach Her kunft, Generation, Geschlecht und weiteren Merkmalen können Men schen beispielsweise unterschied lich sozialisiert sein. Sie bringen dann unterschiedliche Erwartun gen und Herangehensweisen mit. Darauf muss man eingehen. Viel leicht ist jemand riskanteres Verhal ten gewohnt oder weiß wenig mit Unterweisungen und Regeln anzu fangen. Oder versteht sie zunächst gar nicht. Mit solchen Herausforde rungen sind Unternehmen nicht nur bei ihren Mitarbeitenden konfron tiert. Auch der Umgang mit Kund schaft oder Angehörigen muss in den Blick genommen werden. Denn er kann bei den Beschäftigten eben falls zu Belastungen führen. Es braucht deshalb nicht zuletzt inter kulturelle Kompetenzen. Auch bei der BGW beschäftigen wir uns da mit, wie wir unsere Angebote an passen können, um alle anzuspre chen und Betriebe beim Thema Vielfalt – genauso wie im Übrigen bei der Inklusion – zu unter stützen. Welche Trends sehen Sie noch in der Arbeitswelt? Unternehmen müssen generell da mit rechnen, dass es häufiger zu Veränderungen kommt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass beispiels weise Prozesse zehn Jahre lang un angetastet bleiben können. Leitun gen und Führungskräfte sollten Be schäftigten das Gefühl vermitteln, dass es vielleicht nicht sofort eine Lösung für alles geben kann, aber dass auch niemand den Kopf in den Sand stecken will. Es geht um Zu versicht – „Wir bekommen das schon hin!“. Und um den Mut, Feh ler zu machen, vielleicht erst den falschen Weg einzuschlagen und später nachzusteuern oder auch mal neu anzufangen. Ich halte es für wichtig, offen darüber zu sprechen, Zwischenstände zu kommunizieren und zuzuhören, wenn Lösungs ideen aus dem Team oder von an deren Seiten kommen. Das ist ein wesentlicher Baustein für gesundes Führen – das haben wir auch in Studien der BGW gesehen. V I E L FA LT Was verändert sich bei der Beleg- schaft? Arbeits und Lebenswelten greifen sicherlich stärker ineinander. „Ar beitszeit ist Lebenszeit und Lebens zeit soll schön sein“ – so würde ich eine Haltung zusammenfassen, die an Bedeutung gewinnt. Gleichzeitig nimmt aber die Vielfalt in der Beleg schaft zu, nicht nur bei der Einstel lung zur Arbeit. Deshalb müssen Betriebe darauf achten, möglichst alle mitzunehmen. Das erstreckt sich bis hin zur Gestaltung des Ar beitsschutzes.