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BGW mitteilungen 04_2014

20° 0° 60° Der Winkel ist entscheidend: Je weiter sich die Pflegekraft aus der aufrechten Haltung (0 Grad) vorbeugt, desto größer wird die Be- lastung. Winkel über 60 Grad werden generell kritisch gesehen. »Das Pflegebett hochzustellen und dadurch weit- gehend aufrecht arbeiten zu können, kostet kaum Zeit und entlastet den Rücken spürbar.« (Dr. Sonja Freitag, BGW-Projektleitung) Foto: fotolia/ag visuell Foto:RalfP.Barth Pflegenden deutlich länger in aufrechter Hal- tung. In Zahlen ausgedrückt: a) Befand sich das Bett auf Kniehöhe, ver- brachten die Probanden ganze 81,5 Prozent der Versuchszeit in vorgeneigter Haltung von über 20 Grad. Betrachtet man nur die besonders ungünstigen starken Neigun- gen über 60 Grad, kamen diese auf einen Anteil von 28,4 Prozent. b) Bei einem auf Oberschenkelhöhe einge- stellten Bett sah es schon besser aus: Der Zeitanteil in aufrechter Haltung stieg um 7,9 Prozentpunkte und der Anteil starker Neigungen über 60 Grad verringerte sich deutlich (–22,1 Prozentpunkte). c) Bei der Einstellung auf Leistenhöhe traten schließlich keine Neigungen über 60 Grad mehr auf und die Probanden arbeiteten fast die Hälfte der Zeit in aufrechter Haltung. „Auffällig ist, dass das Hochstellen des Bet- tes von Knie- auf Oberschenkelhöhe nur die starken Oberkörperneigungen erheblich re- duzierte“, erläutert Dr. Sonja Freitag. „Erst wenn das Bett auf Leistenhöhe hochgestellt wurde, arbeiteten die Probanden deutlich länger in aufrechter Körperhaltung.“ Arbeitshocker hilft im Bad Ähnliche Veränderungen bewirkte bei der Ver- suchsreihe im Bad der Einsatz eines Hockers: a) Arbeiteten die Pflegenden im Stehen, be- fanden sie sich 86,9 Prozent der Zeit in vor- geneigter Haltung, wobei die starken Nei- gungen allein bereits auf einen Anteil von 72,7 Prozent kamen. b) Arbeiteten sie dagegen hockend oder kni- end, erhöhte sich der Zeitanteil in aufrech- ter Haltung um 19,6 Prozentpunkte. Zu- gleich sank der Anteil starker Neigungen drastisch auf nur noch 2,5 Prozent. c) Saßen die Pflegekräfte auf einem Hocker, trug das weiter zu einer aufrechten Hal- tung bei; allerdings kam es hier wieder zu geringfügig mehr starken Neigungen. Beim Einsatz des Hockers variierte die Ar- beitsweise der Probanden stark, berichtet Dr. Sonja Freitag. „Manche legten das zu pflegende Patientenbein auf dem eigenen Oberschenkel ab, andere hoben es nur leicht an oder ließen es auf dem Boden stehen. Diejenigen, die das Patientenbein auf ihrem Oberschenkel ablegten, saßen damit 2,5-mal länger in aufrechter Haltung als die übrigen Probanden.“ Gerade Oberkörperhaltung weniger anstrengend Wie aber bewerten Pflegekräfte die empfun- dene Anstrengung? „Das Ergebnis war ein- deutig: Können sie in aufrechter Haltung arbeiten, erscheint die Tätigkeit weniger an- strengend“, erläutert Freitag. Das Arbeiten am Bett auf Kniehöhe wurde von allen Pro- banden als sehr anstrengend empfunden. Auf Oberschenkelhö- he sah es besser aus („recht leicht“), auf Leisten- höhe am besten („sehr leicht“). Alle Werte wurden anhand einer speziellen Skala er- mittelt, mit der das individuelle Belastungs- empfinden erfasst werden kann. Im Bad ergab sich ein ähnliches Bild: Ste- hend zu arbeiten wurde als „sehr anstren- gend“ empfunden, kniend als „recht leicht“ und auf dem Hocker sitzend als „sehr leicht“. Wurde beim Einsatz des Hockers zusätzlich das zu pflegende Bein auf dem Oberschen- kel der Pflegekraft abgelegt, war es aus de- ren Sicht sogar noch etwas „leichter“. Hindernisse Wissensmangel und Vorurteile Theoretisch gibt es also einfache Stellschrau- ben für eine weniger belastende Arbeits- weise. Praktisch wurde aber in dem For- schungsprojekt beobachtet, dass keine Pfle- gekraft von sich aus das Bett bei der Grund- pflege kontinuierlich auf Leistenhöhe stellte, obwohl alle Altenpflegestationen und viele Krankenhausstationen mit höhenverstellba- ren Betten ausgestattet waren. „Es gab schon zuvor Vermutungen, dass vie- le Pflegekräfte die Betthöhe deshalb nicht individuell einstellen, weil bisher die opti- male Höhe nicht bekannt war“, berichtet Dr. Sonja Freitag. „Unsere Studienergebnisse deuten in die gleiche Richtung. Dazu kön- nen wir jetzt sagen, dass bei der Grund- pflege die Matratzenoberkante in Höhe der Leistengegend liegen sollte. Eine Ausnahme bilden die Patiententransfers, denn hier lie- gen völlig andere Voraussetzungen vor, die in unserer Studie bislang nicht untersucht wurden.“ Offenbar denken außerdem viele Pflegekräf- te, dass das Einstellen des Bettes zu viel Zeit beanspruche. „Das konnten wir widerlegen“, macht die Projektleiterin klar. „Im Lauf eines durchschnittlichen Frühdienstes im Kran- kenhaus oder Pflegeheim kommen höchs- tens drei bis fünf Minuten für das Hochfah- ren des Bettes bei Grundpflegetätigkeiten zusammen.“ 8 BGW mitteilungen 04 | 2014 Titelthema

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