TITELTHEMA Haruns Ausbildung hat turbulent begonnen. Jetzt läuft sie rund – auch dank seiner Mutter. it der Ausbildung ist es wie beim Boxen: Um richtig durchstarten zu können, müssen Boxer manchmal den Trainer oder die Trainerin wech- seln. Diese entdecken dann das Potenzial ihrer Schütz- linge, arbeiten mit ihnen an ihren Stärken und Schwächen und führen sie schließlich zum Erfolg. So war das auch bei Harun. Allerdings nicht beim Boxen, denn da ist er erfolg- reich. Sondern in der Ausbildung zum Friseur. Die ist holp- rig gestartet und läuft erst richtig rund, seit er den Ausbil- dungsplatz und damit den Salon gewechselt hat. Seine neue Trainerin dort: seine Mutter Gül. „Ich erkenne sein Talent“ Harun ist 19 und lebt in Hördt in der Pfalz. Seine Mutter ist 45 Jahre alt, Friseurmeisterin und betreibt seit zehn Jahren ihren eigenen Salon, der direkt neben dem Wohnhaus der Familie liegt. Mutter und Chefin, Sohn und Azubi – „da kracht es auch mal“, verrät Mama Gül und lacht. „Aber das bleibt ja nicht aus, wenn man den ganzen Tag miteinander verbringt, auf der Arbeit und privat.“ Und wie ist die Mutter so als Chefin? „Schon streng“, gesteht Harun, „aber wir haben generell ein gutes Verhältnis. Deshalb kommen wir klar.“ Und er betont, dass er die gleichen Aufgaben und Pflichten hat wie andere Azubis in ihren jeweiligen Betrie- ben auch. Seine Ausbildung hat Harun in einem anderen Salon begonnen. Aber die Besitzerin hatte plötzlich Personal- probleme und zu viele Azubis. „Weil ich derjenige mit der wenigsten Erfahrung war, musste ich gehen“, erinnert er sich. Seine Mutter war sein Glück: Bei ihr konnte er die Ausbildung fortsetzen. „Mir wäre es zwar lieber gewesen, wenn er woanders lernt, aber es war eine Notsituation und mir war wichtig, dass er die Ausbildung fortsetzt“, erzählt sie und ergänzt: „ich erkenne sein Talent.“ Tipps für Bartträger Am meisten Spaß macht es Harun, Männer- haare und -bärte zu schneiden. „Ich glaube, ich kann andere gut beraten, was ihnen steht“, sagt er, während er die Klinge am Rasiermes- ser auswechselt. Gerade hat er einem Freund den Bart gestutzt. Er ist stolz darauf, dass sich viele seiner Kumpels jetzt von ihm die Haare schneiden lassen wollen. Bei seiner Mutter lernt er aber nun nicht nur das Handwerk, sondern auch die Kommunika- tion mit der Kundschaft. Und in der ist Mutter Gül unschlagbar: Sie sei ein „Gastarbeiter- kind“, sagt sie von sich selbst. Ihre Eltern kamen aus der Türkei, sie selbst ist in Hördt geboren und aufgewachsen und kennt die Menschen hier seit ihrer Kindheit. Mit ihnen unterhält sie sich im Pfälzer Dialekt, dass Außenstehenden die Ohren schlackern. Sie hat die deutsche Staatsangehörigkeit ange- nommen, damit ihre Söhne Harun und Kadir (26) alle Möglichkeiten in Deutschland haben. Und Harun schneidet im Salon mittlerweile Kunden und Kundinnen die Haare, die ihn schon von klein auf kennen. Alles auf Anfang Zum Neustart im Salon Gül gehört auch, dass Harun das erste Ausbildungsjahr wiederholt. Im ersten Jahr sei alles easy gewesen, deshalb habe er die Schule nicht so ernst genommen, gesteht der 19-Jährige. Im Vorbereitungskurs zur Zwischenprüfung sei dann deutlich gewor- den, dass es eng werden könnte. „Mir ist lie- ber, er wiederholt das Jahr und bereitet Boxen ist für Harun ein guter Ausgleich zur Arbeit im Salon. YOUNG LOOK // Ausgabe 2 | 2018 5 s e h t a M a j t a K : t x e T / / e j o l i m / a i l o t o F , r e u a L n a J / v d w : s o t o F