Gesund im Betrieb Im Herbst 2015 trat Jörg Ferber seine halbe Stelle als interne Fachkraft für Arbeitssicherheit im St. Joseph-Stift Bremen an. Schnell tauchte ein aktuelles Thema auf: Viele im Haus fühlten sich unsicher – was unter anderem auf mehrere Einbrüche sowie zunehmende Konflikte mit Patien- tinnen, Patienten und Angehörigen zurückzuführen war. Mit einem Projekt zur Kommunikation hatte man bereits vieles ins Rollen gebracht, doch wie genau sollte der Umgang mit Gewalt und Aggressionen gestaltet werden? Ferber, der seit Langem Krankenhäuser, aber auch Rettungsdienste, ambulante Pflegeeinrichtungen und andere Betriebe betreut, konnte seine Beratungsexpertise einbringen. Ein Ausgangspunkt für das St. Joseph-Stift mit seinen rund 920 Beschäftigten war die Meldung und Bearbeitung von Vorfällen. „Man fing gerade erst an, sie systematisch zu erfassen. Es gab auch einzelne Maßnahmen, zum Bei- spiel in Brennpunktbereichen wie der Notaufnahme. Aber für die Mitarbeitenden war kein geregeltes Vorgehen im Haus erkennbar“, sagt Jörg Ferber. Deshalb wurde die „AG Sicherheit“ gegründet, die sich seit rund dreieinhalb Jahren um alle Fragen zu Übergriffen kümmert. Ferber ist Mitglied, hat viele Maßnahmen mitentwickelt und umgesetzt – und gibt heute bei Kongressen und anderen Veranstaltungen die Erfahrungen weiter. Einige Punkte hebt er besonders hervor. Vernetzung „Das Thema Gewalt und Aggression taucht meist an verschiedenen Stellen im Betrieb auf – vom Beschwer- de- und Qualitätsmanagement über das betriebliche Vorschlagswesen bis zur Unfallmeldung. Vernetzen Sie das sinnvoll und schaffen Sie eine einheitliche Anlaufstelle.“ Im St. Joseph-Stift Bremen werden alle Informationen in der AG Sicherheit gebündelt, die monatlich tagt und breit besetzt ist – auch die betriebliche Interessenvertretung ist beteiligt. Die Kontaktmöglichkeiten sind im ganzen Haus bekannt. Unter anderem über einen Mailticker wird die Arbeit der AG für alle sichtbar gemacht. Erfassungssystem „Vorfälle müssen bekannt sein und zentral bearbeitet werden. Wir haben einen internen Unfallmeldebogen eingeführt, der speziell auch Übergrif- fe und Bedrohungen sowie Beinaheunfälle erfasst. Zudem kann man Vorschläge machen, wie sich Ähnliches zukünftig verhindern ließe.“ Der Meldebogen schafft die Basis für präventive Maßnahmen – ebenso da- für, dass Betroffene zeitnah Hilfe erhalten und eine langfristige Nachsorge möglich ist. Er sorgt weiterhin für Transparenz und vermittelt die Relevanz des Themas. Jörg Ferber erzählt: „Als unsere erste Statistik zu Übergriffen vorlag, war das Direktorium sofort überzeugt: ‚14 Fälle im letzten Jahr – wir müssen etwas tun!‘ Die Unterstützung der Leitungsebene ist entscheidend.“ Handeln „Beschäftigen Sie sich nicht zu lange mit der Theorie. Schaffen Sie Struktu- ren, aber beschreiben Sie nicht gleich alle Abläufe im Detail. Definieren Sie Maßnahmen und gehen Sie zügig die ersten an.“ Schon beim Auftakttreffen der AG Sicher- heit fand ein Brainstorming zu möglichen Maßnahmen statt. Das Ergebnis waren rund 20 Themen, an denen zum Teil noch heute gearbeitet wird. Ein Maßnahmen- Verfolgungsplan stellt sicher, dass nichts aus dem Blick gerät. „Ansatzpunkte sind in der Regel schnell gefunden. Ideen müssen aber noch bewertet und konkreti- siert werden“, sagt Ferber. Er empfiehlt, dabei auch Erfahrungen von außerhalb des Unternehmens einzubeziehen. „Die BGW ist gut für den Blick über den Teller- rand – hier gibt es viele Informationen, Handlungshilfen und Beratung. Tau- schen Sie sich auch mit anderen Betrie- ben aus, zum Beispiel auf Fachver- anstaltungen, oder holen Sie Rat von der Polizei ein. Von dort haben wir gerade wieder jemanden in unsere AG eingela- den, um über den Umgang mit größeren Gruppen zu sprechen.“ BGW magazin 1 | 20 17